Ambient Assisted Living (AAL) – Ambient Assisted Living (2024)

Möglichst lange in den eigenen vier Wänden wohnen zu können und dabei selbstständig und selbstbestimmt zu bleiben: Das wünschen sich die meisten Menschen. Doch wie können wir auch bei körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen ein würdevolles, unabhängiges Leben führen? Wer gibt uns die Sicherheit, im Notfall jemanden zu haben, der uns hilft? Oder die Sicherheit, unsere pflegebedürftigen Angehörigen im Notfall versorgt zu wissen? Mit Ambient Assisted Living (AAL) soll mithilfe von (smarter) Technik und den damit verbundenen Dienstleistungen diesem Bedürfnis entgegen gekommen werden.

Selbstbestimmtes Leben – AAL macht’s möglich

Sturzmeldesysteme, digitale Erinnerungshilfen für Medikamente oder Sprachassistenten: Die Möglichkeiten von AAL sind vielfältig. Der Begriff Ambient Assisted Living wird oft mit „Altersgerechten Assistenzsystemen für ein gesundes und unabhängiges Leben“ übersetzt. Was genau dahinter steckt und wie AAL in der Praxis umgesetzt werden kann, erklären wir im Video.

Demografischer Wandel – AAL als Chance?

Der gesellschaftliche Strukturwandel einer immer älter werdenden Bevölkerung wird unweigerlich zu einem erhöhten Bedarf an medizinischer und pflegerischer Versorgung führen. Dies wiederum könnte eine Überforderung und Überlastung bei den Kranken- und Pflegekassen sowie bei den pflegenden Angehörigen und professionellen Pflegekräften hervorrufen. Gleichzeitig erleben wir mit der zunehmenden Digitalisierung grundlegende Veränderungen in unserem Alltag.

So haben bereits einige Smart Home-Anwendungen wie z. B. Sprachassistenzsysteme, intelligente Stromzähler oder Staubsauger-Roboter Einzug in vielen Haushalten gefunden und werden immer beliebter. Nun sollen solche digitalen Assistenzsysteme auch im Bereich der Gesundheit und häuslichen Pflege vermehrt eingesetzt werden. Damit könnten nicht nur Kosten gesenkt und steigende Kosten vermieden, sondern auch Pflegekräfte und Angehörige in ihrer Hilfeleistung unterstützt werden.

Warum sich AAL bislang noch nicht durchgesetzt hat

Umfragen ergaben, dass die Bevölkerung technische Assistenzsysteme durchaus befürworten würde, wenn jede/r Einzelne dadurch länger in den eigenen vier Wänden wohnen könne. Noch steht die Forschung allerdings am Anfang und das Angebot von bereits verfügbaren AAL-Systemen auf dem Markt ist überschaubar. Bis die Assistenzsysteme in der breiten Anwendermasse akzeptiert und nachgefragt werden, sind noch einige Herausforderungen zu bewältigen.

Neben technischen Defiziten, die u. a. in einer mangelnden Interoperabilität sowie einer ungleichen Infrastruktur hinsichtlich der Internetverbindung zu finden sind, gibt es noch weitere Herausforderungen, die einer flächendeckenden Nutzung von digitalen Assistenzsystemen im Wege stehen.

So erklärt Prof Dr. Daniel Buhr von der Universität Tübingen im Interview, warum aus einer guten Idee nicht zwingend eine erfolgreiche Innovation wird. Einerseits müssten die Menschen erst einmal erfahren, was AAL überhaupt sei und welche Produkte es gebe. Darüber hinaus fehle es außerdem noch an Anbietern wie z.B. Pflegeorganisationen, die in neue Dienstleistungen investieren, so der Wissenschaftler.

Eine Grundsatzfrage der Ethik

Beim Einsatz dieser smarten Alltagshelfer ist außerdem die ethische Sicht nicht zu vernachlässigen. Schließlich dringen die Assistenzsysteme in das eigene Zuhause und somit auch in die persönliche Privatsphäre ein, was Fragen nach Datenschutz, (unkontrollierter) Überwachung und Autonomie- und Freiheitsverlust aufwirft. Als Orientierungshilfe zur ethischen Bewertung von technischen Systemen kann das Modell MEESTAR herangezogen werden, das den Technik-Einsatz ethisch analysiert und mögliche moralische Probleme identifiziert.

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    Sprachassistenzsysteme hören immer mit, um einsatzfähig sein zu können. Manche Sprachassistenten verfügen darüber hinaus auch über eine Überwachungskamera (rechts). Wie viel Überwachung zugelassen wird, sollte im Einzelfall abgewogen und geprüft werden. (Foto: ©aalright)

Ein weiterer wichtiger ethischer Aspekt ist außerdem die Frage nach sozialer Gerechtigkeit. Dabei geht es um einen diskriminierungsfreien Zugang zu digitalen Assistenzsystemen. Menschen unabhängig von ihrem Einkommen, sozialen Status, Bildungsniveau oder ihrer Technikkompetenz sollen demnach gleichberechtigt die Möglichkeit haben, sich diese Technologien ins Haus zu holen. Doch wie sieht es eigentlich mit der Finanzierung dieser Systeme aus?

Pflegekassen halten sich bislang bei der Finanzierung zurück

Mit Ausnahme des Hausnotrufs sind noch keine weiteren digitalen Assistenzsysteme in den Leistungskatalog der Pflegekassen aufgenommen worden, weshalb Nutzer/innen momentan diese Systeme aus privater Kasse finanzieren müssen. Zinsgünstige Kredite oder Zuschüsse zu Smart Home-Technologien können zwar bei der KfW-Bank (Kreditanstalt für Wiederaufbau) beantragt werden, dennoch sind Personen mit geringem Einkommen möglicherweise von der Nutzung dieser Systeme ausgeschlossen.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) fordert daher in einem Gutachten (November 2019) mehr finanzielle Unterstützung der Kassen. Eine Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis sei jedoch erst zu erwarten, wenn sich ein pflegerischer Nutzen dieser digitalen Assistenzsysteme zeige, heißt es. Warum die Frage nach der Finanzierbarkeit solcher Systeme nicht so leicht beantwortet werden kann, erklärt Prof. Dr. Barbara Steiner von der Dualen Hochschule (DHBW) Heidenheim im Interview.

Weiterführende Informationen

Öffentliche Beratungsstellen

Bei Fragen zur Planung und Durchführung von barrierefreien Umbaumaßnahmen im eigenen Heim sowie zur Nachrüstung von smarten Assistenzystemen können Sie sich an Wohnberatungsstellen wenden und dort beraten lassen (hier finden Sie eine Auswahl an Wohnberatungsstellen in Deutschland).

In Tübingen gehört dazu der Kreisseniorenrat, der auch eine aufsuchende Wohnberatung anbietet. Stellvertretender Vorsitzende des Vereins, Herr Ernst-Werner Briese, hat uns im Interview verraten, was der Verein als seine Aufgaben versteht und inwiefern digitale Hilfsmittel bereits nachgefragt werden.

Weiterführende Informationen

Im Netz informieren

Überblick an AAL-Systemen
Einen Überblick, welche AAL-Systeme und Produkte es unabhängig der Hersteller gibt, erhalten Sie auf der Website „Wegweiser Alter und Technik“ des Forschungszentrums Informatik am Karlsruher Institut für Technologie (FZI). Die Online-Plattform wird vom BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) gefördert und bietet als nationale Referenzdatenbank u. a. einen virtuellen Rundgang zu verschiedenen AAL-Produkten an.

Geförderte AAL-Projekte
Das BMBF selbst informiert ebenfalls auf der eigenen Website „Technik zum Menschen bringen“ zu geförderten Projekten und technischen Innovationen im Bereich Gesundheit und Pflege.

Weitere allgemeine Informationen zu AAL finden Sie außerdem auf Internetseiten wie „AAL-Deutschland“, „Pflegegrad.info“ oder dem unabhängigen Verbraucherportal „Home & Smart“.

Weiterführende Informationen/ Verwendete Quellen

Umfragen zur Akzeptanz technischer Assistenzsysteme

Umfrage zu Smart Home-Anwendungen

Ambient Assisted Living (AAL) – Ambient Assisted Living (2024)

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